Harmonik-Vorträge


Zahl und Proportion in Platos Staatstheorie
Dr. Werner Schulze


Zahlen und ihre Verhältnisbezüglichkeiten sind für Platons Denken prinzipiell und für seine ethisch-staatstheoretischen Anschauungen insbesondere grundlegend. Wann immer Platon Proportionen (Zweiheiten), Medietäten (Dreiheiten) und Analogien (Vierheiten) entfaltet, ist die zahlenmäßige Denkform im Hintergrund gegenwärtig, gleichgültig, ob Platon dies ausspricht oder nicht.
Kennzeichnend ist der auf pythagoreischem und heraklitischem Fundament geborene Ansatz, Mathematik, Musik, Kosmologie, Seelenlehre, Ethik und Politik zusammenzudenken. In diesem Kontext besteht Platons eigenschöpferische Leistung darin, eine Analogie der Form a3 : a2b = ab2 : b3 an markanten Punkten seines Denkens walten zu lassen. Mittels dieser 4-gliedrigen geometrisch-platonischen Analogie gelingt es, viele bisher als "Geheimtexte" klassifizierte Passagen im Opus Platonicum zu verstehen.
Blicken wir auf Aristoteles und manche Denker der Barockzeit (Ioannes Bodinus, Johannes Kepler), zeigt sich, daß dort gleiche oder ähnliche Denkmodelle einer harmonikal orientierten Staatstheorie existieren. Inwieweit eine mit den Zahlengesetzen der Musik in Einklang gebrachte Ethik und Politik mehr ist als nur ein historisches Kuriosum kann beim Gesprächskreis am folgenden Sonntag diskutiert werden.


Vortrag am 15.2.97