Harmonik-Vorträge


Harmonikalisches Erleben von Musik - Der Weg des Menschen in der 4. Sinfonie von Johannes Brahms
Dr. Hans G. Weidinger


Der Harmonik wird nicht nur von vielen Vertretern des abstrakten Denkens in Natur- und Geisteswissenschaft mit Unverständnis oder gar Mißtrauen begegnet. Schon Hans Kayser mußte bei Paul Hindemith erleben, daß dieser begabte Musiker sein, Hans Kaysers, Anliegen eigentlich nicht verstand. Daran hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Praktizierende Musiker, seien es Komponisten, seien es ausübende Musiker suchen lieber in fremden oder verklungenen Kulturen nach Anregungen als daß sie ein musikalisch fruchtbares Verständnis der Harmonik entwickeln.
Dafür mag es verschiedene Gründe geben. Ein tieferer Grund dafür dürfte allerdings in der Tatsache zu suchen sein, daß sich manche Harmoniker nennen, die sich dem eigentlichen Grundanliegen der Harmonik selbst nicht zu öffnen wissen: Nämlich mittels der von Hans Kayser so eindringlich beschworenen Entsprechung von Maß und Wert, Denken und Fühlen zum ganzheitlichen Wahrnehmen, und damit zum wahren Er-leben zu finden.
Deshalb sei mit diesem Vortrag der Versuch gewagt, mittels harmonikal gegründeter Wahrnehmung Musik zu erleben und dies an einem Beispiel großer Musik aus unserer klassisch-romantischen Tradition. Es wird den harmonikalen Strukturen der 4. Sinfonie von Johannes Brahms nachgespürt. Dazu wird von dem bereits früher einmal dargelegten harmonikalen Verständnis der sieben Gestalten der Natur des Mystikers Jakob Böhme Gebrauch gemacht. Mit dieser Studie soll nicht nur gezeigt werden, daß große musikalische Werke auf wesenhaft harmonikalen Strukturen aufbauen, sondern daß sich in jedem großen schöpferischen Werk die Schöpfung selbst nachvollzieht.
Beim Gesprächskreis am folgenden Sonntag werden wir das Thema vertiefen.


Vortrag am 12.12.98